Die größten Mythen zu Müll, Plastik & Recycling

Die Reduktion und das Recycling von Müll hilft Energie zu sparen bzw. Ressourcen zu schonen und ist damit ein wesentlicher Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz. Im Laufe der letzten Jahre habe ich viele Irrtümer und Ausreden zum Thema Müll, Mülltrennung und Recycling gehört. 

Hier kommen die „größten Mythen über den Müll“ gepaart mit der Erkenntnis, dass Mülltrennen und -Vermeiden nicht nur sinnvoll, sondern gar nicht so schwer ist.

Wien, Juni, 2020 


1. In die gelbe Tonne gehört jede Art von Plastik 

Die Basics voran. Was kommt überhaupt in die gelbe Tonne (bzw. in den gelben Sack)? Das ist nicht so einfach, weil von (Bundes-)Land zu (Bundes-)Land verschieden. Ich spreche hier für Wien. Seit 2019 werden Plastikflaschen, Aludosen und Tetra Pack gemeinsam in der gelben Tonne gesammelt („Aus 2 Wird 1!“) - die Stadt Wien kümmert sich im Fall der gelben Tonne – und nur in diesem Fall! –  um die nachträgliche Sortierung. Bei Plastikflaschen liegt die Betonung auf „Flasche“. Nicht in die Tonne gehören bspw. Plastikfolien, Plastiksackerln, Gebrauchsgegenstände aus Plastik, Joghurtbecher (nur der Aludeckel gehört in die gelbe Tonne!). Wer es genau wissen will, findet beim Trenn ABC der Stadt Wien oder in der 48er App eine genaue Auflistung, was wo reinkommt. 

2. Österreicher sind Vorreiter im Recyceln 

Jein, das stimmt nur bedingt. Die Recyclingquote von Getränkeflaschen beträgt in Österreich derzeit (Stand: 2020) ca. 70 %, was auf den ersten Blick und im EU Vergleich ok aussieht. Sieht man sich jedoch die Plastikverpackungs-Recycling Quote an, ist das Bild nicht mehr so rosig – diese liegt bei ca. 34 %. Die „Single-use-plastic“-Richtlinie der EU, die den Umgang mit Einwegplastik regelt, sieht außerdem vor, dass bis 2029 mindestens 90 % der Getränkeflaschen und 55 % aller Plastikverpackungen recycelt werden müssen. Hier haben wir also noch deutlichen Aufholbedarf. 

3. Plastik zu verwenden ist OK, solange es in der gelben Tonne landet

Plastik zu recyceln ist ein wesentlicher Beitrag zum Umweltschutz, aber umweltbewusstes, nachhaltiges Verhalten braucht mehr. Plastik wird aus Erdöl / -gas bzw. Kohle hergestellt, einer natürlichen Ressource, die über Millionen von Jahren entsteht und daher in gewisser Weise limitiert ist. Besonders tragisch ist es, wenn diese wertvolle Ressource für die Produktion von Einweg- oder besser gesagt „Wegwerf“-Plastik verwendet wird, das kurz nach der Verwendung wieder im Müll landet. Auch die Entsorgung von Plastik Müll und der Recycling-Prozess an sich verbrauchen Energie. Daher sollten wir sparsam damit umgehen und an erster Stelle unserer „Müll-Strategie“ sollte stehen, Plastik zu reduzieren und insbesondere Einwegplastik zu vermeiden. Die Devise dabei lautet: „Sammeln ist gut, vermeiden ist besser“. 

4. Der Restmüll wird eh noch von der MA 48 sortiert 

Das Gerücht, dass Restmüll von der MA 48 nochmals sortiert und getrennt wird, hält sich hartnäckig, stimmt aber nicht. Alles was in Wien im Restmüll landet wird zu 100 % an die Müllverbrennungsanlagen weitergegeben. Ist die PET Flasche oder Alu Dose mal im Restmüll gelandet, wird sie damit gemeinsam mit diesem verbrannt. „Das ist immer so ein Irrglaube, dass das noch raussortiert wird, wenn man etwas in den Restmüll wirft – das geht eins zu eins in den Ofen. Der Kunststoff ist dann einfach weg und verursacht Emissionen“, sagt Christian Pladerer, Vorstandsmitglied des österreichischen Ökologieinstituts. Die MA 48 formuliert es wie folgt: “Also wir sind da nicht die Heinzelmännchen, die das dann nachsortieren. Sonst wäre auch die getrennte Sammlung relativ sinnlos und es ist einfach nicht möglich bei diesen großen Mengen.“ Willst du PET Flaschen eine Chance geben, zu neuem Plastik verwertet zu werden, entsorge sie also unbedingt in der gelben Tonne!

5. Aus einer recycelten PET Flasche wird eh wieder eine neue PET Flasche 

Leider nicht immer! Aus 30.600 Tonnen PET-Flaschen, die jährlich in Österreich in der gelben Tonne landen, werden nur 10.288 Tonnen, d.h. ca. 1/3 wieder zu neuen PET Flaschen verarbeitet. Grund für diese Quote ist, dass nicht alle Flaschen sortier- und/oder verwertbar sind – nur bei der sortenreinen Verwertung können aus PET Flaschen wieder gleichwertige bzw. hochwertige Plastikprodukte geformt werden. Damit gehen auch im Recycling Prozess teilweise wertvolle Rohstoffe verloren. Und wieder gilt: „Sammeln ist gut, vermeiden ist besser“.

6. Wenn's keine Mülltrennung im Haus gibt, ist es OK alles im Restmüll zu entsorgen

Ich weiß eh, dass Plastik und Glas in eigene Mülltonnen gehören, aber das bringt doch nicht echt jemand da hin!?“ sagte er und schmiss eine Menge PET und Glasflaschen nach einer Party direkt in den Restmüll. Immer wieder begegne ich Menschen, die das Nicht-Trennen von Müll damit rechtfertigen, dass es in ihrem Gebäude keine passenden Container gibt. Tetra Pack, PET Flaschen, Dosen, Glas etc. – all das wird dann im Restmüll entsorgt. Die Mehrzahl der WienerInnen haben keine gelbe Tonne oder Altglascontainer im Haus, sondern meist nur Restmüll und Altpapier. Das ist aber noch lange keine Ausrede Müll nicht zu trennen. 216.000 Container stehen in Wien für die getrennte Müllsammlung zur Verfügung, zusätzlich dazu Mistplätze und Problemstoffsammelstellen. Auf wien.gv.at findet man mit nur wenigen Klicks die nächste Müllsammelstelle. In den meisten Fällen ist diese nur wenige hundert Meter und Gehminuten entfernt. Auch der Platz in der Wohnung ist dank platzsparender Abfallsysteme kein großes Hindernis mehr. Zusätzlich hilft das Zusammendrücken von Dosen, PET Flaschen und Tetra pax und eine höhere Frequenz bei der Entleerung, um Platz zu sparen. Wer also seinen Plastikmüll in den Restmüll wirft, scheitert wohl an der eigenen Bequemlichkeit. 

7. Am Plastik im Meer sind die Entwicklungsländer schuld - damit haben wir hier nichts zu tun

In Österreich gibt es kein Meer; bei uns in Europa sind die Strände sauber; das ganze Plastik kommt durch die großen asiatischen Flüsse (Ganges, Mekong, etc.) ins Meer. Damit haben wir nichts zu tun, das Problem muss dort gelöst werden“.  Mit solchen oder ähnlichen Argumenten versucht so manch einer die Verantwortung für das Plastik im Meer an andere abzugeben. Fakt ist jedoch, dass auch wir zum Problem beitragen. Ob Mikroplastik aus der Waschmaschine durch unsere Kleidung oder 40 Tonnen Plastik in der Donau pro Jahr - letztendlich landet auch europäisches Plastik im Meer. Auch unser Verhalten im Urlaub hat Konsequenzen - selbst wenn wir unseren Müll im Urlaub nicht am Strand liegen lassen, in vielen Urlaubsländern oder Inseln gibt es kein funktionierendes Sammel-, Abfall- und Recycling System, wie bei uns. Wer dort Plastik produziert bzw. konsumiert, trägt zum Problem bei. Der Umkehrschluss: jeder, der sein Verhalten zuhause und im Urlaub ändert, hilft mit, die Umwelt und das Meer zu schützen. 

8. Plastikfrei einkaufen ist schier unmöglich 

Jein. Es gibt mittlerweile viele Möglichkeiten in Wien vollständig verpackungsfrei einzukaufen – bspw. in Verpackungsfrei-Läden, auf (Bio-)Märkten oder bei ab Hof-Verkäufen (ja, selbst in Wien!). Mir ist jedoch bewusst, dass diese Optionen für viele nicht einfach umsetzbar sind, da diese entweder zu weit entfernt sind und/oder auch (noch) um einiges teurer als der Supermarkt nebenan und deshalb auch eine Frage der Leistbarkeit. Aber auch dann gibt es Möglichkeiten den Müll beim Einkaufen zumindest auf ein Minimum zu reduzieren. Beim Umweltschutz gilt nicht „ganz oder gar nicht“. Auch kleine Verhaltensänderungen setzen schon ein Zeichen, wie z.B. selbst mitgebrachte Stoffsackerl und Gemüsenetze, Behälter für das Mittagessen 2 Go, wiederverwendbare Coffee 2 Go Becher, das Nützen von Abfüllstationen, Seifen statt Duschgel, etc. Mehr Tipps sowie interessante Links und Adressen zu diesem Thema.

9. Bio Kunststoffe sind DIE ultimative Lösung

Bioplastik schont Erdölreserven und die CO2 Bilanz. Klingt gut, aber auch hier gibt es Schattenseiten:

 

Was genau sich hinter einem „Bioplastik“ Produkt versteckt, bleibt oft unklar. Bioplastik sind Kunststoffe, die entweder aus nachwachsenden Rohstoffen (Mais, Zellulose, Zuckerrohr, o.ä.) entstehen oder Kunststoffe, die biologisch abbaubar sind. In manchen Fällen trifft beides zu, muss es aber nicht! Kunststoffe können biologisch abbaubar, aber trotzdem aus synthetischen Stoffen hergestellt sein. Umgekehrt kann Bioplastik aus biologischen Stoffen hergestellt, aber trotzdem nicht biologisch abbaubar sein! 

Beim Anbau werden oft Pestizide verwendet! Natürliche Grundstoffe wie Mais, Zucker, etc. stammen nicht zwingend aus biologischer Landwirtschaft, sondern häufiger aus konventioneller. Dabei werden Pestizide eingesetzt, die den Boden, die Biodiversität und unsere Gesundheit schädigen. 

Die Herstellung ist ressourcenintensiv! Viel Wasser, Energie und Boden sind dafür notwendig. Landwirtschaftliche Anbauflächen sind ohnehin schon knapp. Steigt die Nachfrage nach Bioplastik, steigen auch Wald-Rodungen.
 

Bio-Verpackungen landen oft im Restmüll! Theoretisch abbaubare Biokunststoffe sind in der Praxis oft nicht kompostierbar. In Wien müssen diese in den Restmüll, da unser Müllsystem (noch) nicht auf deren Kompostierung ausgelegt ist. Auch der Komposthaufen im Garten erzeugt nicht genügend Hitze. 

 

Bioplastik ist also vielleicht das „geringere Übel“, aber (Bio-)Plastik vermeiden ist und bleibt besser.

Plastikfrei Tipps für Bad, Küche & Co 

Hast du Interesse an Ideen und Tipps, wie du Müll & Plastik im Alltag reduzieren kannst?

Pfand drauf! Stopp den Einwegmüll!

Wenn du mithelfen willst, Müll bzw. Plastik in der Umwelt zu reduzieren, unterschreibe die aktuelle Petition von GLOBAL 2000, die ein Einwegpfandsystem auf Getränkeverpackungen in Österreich und die Erhöhung der Mehrwegquote fordert. Hier kannst du unterschreiben.

Quellen & Links  

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https://www.addendum.org/plastik/plastikmuell-recycling/

https://www.ara.at/kreislauf-wirtschaft/verpackungsrecycling/kunststoffverpackungen
https://www.ara.at/fileadmin/user_upload/Downloads/Factsheets/ARA_Factsheet_Kreislaufwirtschaft_02_2019.pdf

https://biooekonomie.de/nachrichten/bioplastik-pro-und-contra

https://www.biorama.eu/precycling/ 

https://www.derstandard.at/story/2000114220432/bioplastik-ist-kein-garant-fuer-den-umweltschutz
https://www.diepresse.com/4682884/plastik-in-der-donau-bis-zu-40-tonnen-jahrlich

https://www.diepresse.com/5716346/osterreich-muss-beim-kunststoff-recycling-richtig-aufholen

https://www.global2000.at/einwegplastik-richtlinie

https://www.global2000.at/bioplastik
https://www.global2000.at/pfand-drauf?gclid=EAIaIQobChMI4YTu3ILh6gIVTBV7Ch0r1gBtEAAYASAAEgK5h_D_BwE
https://plastik.greenpeace.at/plastik-im-meer?utm_source=google&utm_medium=ad&utm_campaign=ocw_eng&utm_content=plastikmeeresmuell&gclid=EAIaIQobChMIztfGo9aB6QIVCc93Ch3xagzhEAAYASAAEgJnePD_BwE

https://www.miss.at/ma-48-was-passiert-mit-dem-muell-der-wiener/

https://www.oekotest.de/freizeit-technik/Konsumenten-Taeuschung-Die-Luege-vom-Bioplastik_600676_1.html

https://www.plastikalternative.de/muellstrudel-im-meer/
https://www.plastikalternative.de/gesundheitsrisiken/
https://www.spiegel.de/wirtschaft/service/plastikbranche-oeko-tueten-kommen-meist-nicht-in-den-kompost-a-989953.html

https://www.vienna.at/in-diesen-muell-gehoert-zellulose-verpackung-die-richtige-entsorgung-in-wien/5964241
https://www.welt.de/reise/Fern/article187416532/Plastikmuell-Wenn-man-den-Urlaubsstrand-gar-nicht-mehr-sieht.html

https://www.wien.gv.at/umwelt/ma48/service/publikationen/pdf/bau-keinen-mist-de.pdf

https://www.wien.gv.at/umwelt/ma48/beratung/muelltrennung/biogener-abfall/sammlung.html

Wien, Juni 2020